Im Rahmen eines gemeinsamen PRO*Niedersachsen-Projekts der historischen und archäologischen Kommissionen wird die städtische Oberschicht der Frühen Neuzeit (17. /18. Jh.) anhand des Friedhofs der Kirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel rekonstruiert.
Zu den bei Ausgrabungen im Jahre 2015 geborgenen etwa 80 Bestatteten (darunter Hofbedienstete, Verwaltungsbeamte, Kaufleute und Bürgermeister mit ihren Familien) können aus archivalischen Quellen individuelle biographische Informationen ermittelt werden, unter anderem zu Wohnverhältnissen, Familienleben, Beziehungen und Netzwerken, Besitz, Ausbildung, Arbeits- und Berufsalltag, Frömmigkeit und Aberglaube sowie sozialer und regionaler Mobilität. Gleichzeitig ermöglichen anthropologische und genetische Untersuchungen zahlreiche Aussagen zur biologischen Lebensgeschichte der Verstorbenen, beispielsweise zu Ernährung und Krankheiten, aber auch zu den besonderen Belastungen, denen die Bevölkerung während zweier Belagerungen der Stadt im Dreißigjährigen Krieg ausgesetzt war.
As part of a collaborative PRO*Niedersachsen project undertaken by the historical and archaeological commissions, researchers are reconstructing the urban upper class of the Early Modern period (17th and 18th century) using evidence from the cemetery of the Church of Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel. Excavations in 2015 uncovered approximately 80 individuals including court servants, administrative officials, merchants and mayors with their families. Archival sources have provided biographical details about these individuals, shedding light on their living conditions, family life, relationships, networks, property, education, work and working life, piety, superstition as well as social and regional mobility. At the same time, anthropological and genetic studies are revealing significant insights into the biological life histories of the deceased, including their diet, diseases and the specific hardships faced by the population during the two sieges of the city in the Thirty Years’ War.
Bettina Jungklaus
Bettina Jungklaus, geb. 1965, ist als freiberufliche Osteoanthropologin im gesamten Bundesgebiet tätig. Nach einem Studium der Biologie an der Freien Universität in Berlin wirkte sie an etlichen Forschungsprojekten mit. Unter anderem war sie an der Analyse des Massengrabes von Wittstock aus dem Dreißigjährigen Krieg beteiligt und konzipierte die Ausstellung »1636 - Ihre letzte Schlacht …« am Archäologischen Landesmuseum Brandenburg (2012) mit.
Veröffentlichungen u. a.: Die Krankheitsbelastung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kinderpopulation von Tasdorf (Ldk. Märkisch-Oderland). Ergebnisse der osteologischen-paläopathologischen Untersuchungen (2012).
Silke Wagener-Fimpel, geb. 1966, studierte Geschichte, Germanistik, Pädagogik und Soziologie in Göttingen. Nach der Promotion, einem Lehrauftrag und dem Archivreferendariat in Osnabrück und Marburg ist sie als Historikerin und Archivoberrätin im Niedersächsischen Landesarchiv tätig. Ab 1997 war sie stellvertretende Leiterin der Archivabteilung Bückeburg. 2003 folgte der Wechsel an die Archivabteilung Wolfenbüttel, wo sie ebenfalls als stellvertretende Leiterin tätig ist.
Veröffentlichungen u. a.: Pedelle, Mägde und Lakaien. Das Dienstpersonal an der Georg-August-Universität Göttingen 1737 bis 1866 (1996).